Game Review Marvel Crisis Protocol

Marvel Crisis Protocol Game Review – kriegen wir die Krise oder ist MCP eine krisensichere Investition? In diesem Game Review finden wir es heraus!


Das aktuelle Core Set

Was ist Marvel Crisis Protocol?

Marvel Crisis Protocol (kurz MCP) ist ein asymmetrischer Hero-Skirmisher. D.h. man spielt pro Seite keine ganzen Armeen, sondern wenige aber dafür namhafte Helden aus dem Marvel-Universum wie z.B. Iron Man, Spider Man oder Captain America. Zwei Spieler spielen dabei Teams von, je nach Mission, 3 bis 6 Miniaturen, um in schnellen, dynamischen Runden Punkte zu sammeln. Das Spielfeld misst 3x3 Fuß (91x91 cm), das Spiel dauert etwa 90 bis 120 Minuten und endet nach sechs Runden oder früher, wenn alle Punkte entschieden sind.


Die Regeln 

Jeder Spieler bringt folgende Komponenten mit: 10 Charaktere, aus denen man sich sein Team auswählt, 10 Taktikkarten, 6 Krisenkarten. 

Das Besondere am Listbuilding: Es gibt keine Fraktionszwänge. Schurken und Helden können frei kombiniert werden. Allerdings profitieren Charaktere von speziellen Teamfähigkeiten und fraktionsspezifischen Taktikkarten. Fraktionen werden in MCP als "Affiliations" bezeichnet. Dazu gehören z.B. die Avengers, die X-Men oder die Guardians of the Galaxy. Die Affiliations sind aber durchlässig. Es muss lediglich die Mehrheit der ausgewählten Charaktere affiliert sein, um von den Team-Boni zu profitieren. Das führt zu interessanten strategischen Entscheidungen. Das Listbuilding kann man sich also einfach machen oder auch durch min-maxing kompetitiv gestalten.


Ein Affiliation Pack


Missionsziele oder... "ich krieg' die Krise!"

In MCP wird zwar auch ordentlich geprügelt aber im Kern geht es um die Erfüllung von Missionenszielen. Der Spieler mit Initiative (wird erwürfelt) wählt zuerst eine Krise. Der zweite Spieler wählt danach eine Krise aus. Beide Krisen bilden zusammen die Mission und werden gleichzeitig gespielt.

Es gibt Sicherungskrisen (kontrolliere Positionen z.B. Strahlenschutzräume) und Evakuierungskrisen (beschütze z.B. Personen). Der Spieler kann dementsprechend mit Missionsmarkern interagieren. Es gibt Personenmarker, Gegenstandsmarker, Ortmarker und Gelegenheitsmarker als Papptoken. So ergeben sich spannende Kombinationen: ich sammle einen infizierten Zivilisten ein, um ihn in Sicherheit zu bringen, während du mich anschlagen möchtest, damit ich ihn fallen lasse. Das ist ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel. Gleichzeitig gilt es vielleicht einen Ort zu verteidigen, dann darf ich da nicht weg und muss ihn verteidigen, während du mich vertreiben möchtest.

Der Spielverlauf folgt einem schnellen Schlagabtausch statt Warten auf Godot. Das Spiel hat nämlich kein klassisches “I-Go-You-Go”-System. Stattdessen wechseln sich die Spieler abwechselnd mit der Aktivierung ihrer Charaktere ab. Das geht somit durch die alternierenden Aktivierungen schnell von der Hand. Es kommt keine Langeweile auf.

Jeder Charakter verfügt über drei Aktionen: Laufen, Angriffsaktion, Heilen. Er kann jede Aktion zwei Mal ausführen, z.B. zwei Mal Angriff. Und jetzt wird es spannend, denn wir nähern uns einer Besonderheit von Crisis ProtocolAus großer Kraft erfolgt... noch mehr Kraft!

      Die Stats und Fähigkeiten von Spider-Man


Die wichtigste Ressource im Spiel ist Kraft (Power). Mit ihr lassen sich Superkräfte aktivieren: sei es ein mächtiger Spezialangriff, Teleportation, Würfelmanipulation oder Superheilungen. Das kostet meist keine Aktion.

Kraft erhält man progressiv im Spiel: durch die Kraftphase, durch Schaden erleiden, durch bestimmte Angriffe und Superkräfte. D.h. Im Laufe des Spiels werden die Helden stärker!

Jetzt gibt es Dresche aus der Nachbarschaft, denn wir kommen zum Kerngeschäft eines jeden Tabletop-Games: dem Kampfsystem. Angriffe werden einfach abgehandelt. Angreifer und Verteidiger würfeln gegeneinander. Die Differenz bestimmt den Schadenswert.

Angriffe können physisch, energetisch oder mystisch sein. Genauso wie die Verteidigung. Man möchte also z.B. mit einem starken mystischen Angriff, einen Charakter mit schwacher mystischer Verteidigung attackieren. Das ist das Prinzip Schere-Stein-Papier. 

Es gibt viele Zustände, die man dem Gegner verpassen kann: geschockt, brennend, taumelnd, vergiftet, etc.

Wenn Charaktere keine Lebenspunkte mehr haben, werden sie angeschlagen. Dann wird die Karte auf die andere Seite gedreht. Wenn ein Charakter nochmal alle Lebenspunkte verliert, wird er aus dem Spiel entfernt.

Eine weitere Besonderheit ist das Gelände.


“We did it! We saved the City!” - gez. i.A. jeder Superheld, während im Hintergrund Gebäude brennen

Gelände in Crisis Protocol dient nicht nur als Cover und zum Blocken von Line of Sight. Es ist komplett zerstörbar! Besonders starke Helden können sogar ganze Gebäude auf die Gegner schmeißen, mit entsprechenden Folgen.

Zum Start des Spiels hat man eine intakte Stadt. Am Ende ist alles zerstört. Das ist aber nicht nur thematisch und macht Spaß, sondern hat auch taktische Auswirkungen auf den Spielverlauf. Autos, Laternen oder ganze Häuser können von starken Helden als Wurfgeschosse zweckentfremdet werden. 


Wie ist das Balancing?

Trotz der riesigen Auswahl an Charakteren ist das Spiel gut ausbalanciert. Die meisten Affiliations haben eine Siegesquote zwischen 40 und 60% auf Longshanks. Starke Metakombinationen werden regelmäßig durch neue Releases oder Regelupdates entschärft. 


MCP vs. Shatterpoint 

Die Frage die allen unter den Nägeln brennt: ist Crisis Protocol nur Shatterpoint im Marvel-Universum? 

Obwohl beide Spiele aus demselben Verlag (Atomic Mass Games) stammen, unterscheiden sie sich doch in einigen Aspekten. Die Gemeinsamkeiten sind in erster Linie eher oberflächlicher Natur (z.B. die Maßstäbe, Kartengrößen, Boardgröße, der “Look” insgesamt).

Manche Aspekte wurden hingegen bewusst nicht in Shatterpoint übernommen: z.B. die Zerstörbarkeit der Umgebung, Autos werfen etc. Das ist tatsächlich sehr schade, denn die Mechanik macht sehr viel Spaß! Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ein Jedi mit Hilfe der Macht Kisten oder andere Gegenstände auf dem Schlachtfeld durch die Gegend wirft.

Andere wurden bewusst weiterentwickelt: Positionierungskampf mit DDP, Expertisen, und hin und zurückspringen: der Kampf um die Objectives ist in Shatterpoint komplexer aber planbarer. Die Vertikalität spielt eine wesentlichere Rolle, sprich: das Gelände ist wirklich 3D, geht in die Höhe und nicht jeder hat Force Jump und kann einfach hochspringen.

Bei Shatterpoint spielen die Synergieeffekte zwischen den Tags eine zentrale Rolle. Das macht das Spiel kompetitiv reizvoll aber auch schwierig zu meistern. Crisis Protocol hat nur wenige Fähigkeiten, die ähnlich den Synergien sind (Teamfähigkeit und Taktikkarten). MCP ist dadurch übersichtlicher und streamlined ohne dadurch aber viel taktische Tiefe einzubüßen.

MCP ist ein immersives Spielerlebnis. Man kann sich richtig in die Welt hineinversetzt fühlen. Hulk schmeißt mit Gebäuden um sich und schlägt schwächere Helden mit einem einzigen Punch KO. Seine Comic-Persönlichkeit zeigt sich so auch in MCP. Shatterpoint ist eher abstrahiert. Die Persönlichkeit der Star Wars Charaktere tritt hinter die Spielmechaniken zurück. Shatterpoint ist dadurch auch wesentlich symmetrischer. Darth Vader kann genau so leicht durch Chief Chirpa besiegt werden wie umgekehrt. Zumindest ist deren Diskrepanz nicht so groß wie zwischen Hulk und Wong. Die Symmetrie erlaubt es Shatterpoint kompetitiver und mechanisch komplexer zu sein. MCP punktet mit Immersion, Flexibilität und einer niedrigeren Einstiegshürde. MCP ist daher auch für Tabletop-Anfänger besser geeignet.


Für welchen Spielertyp ist also Crisis Protocol?

- Immersionsfans, die auf Adaptionstreue zum Source-Material Wert legen.

- Casual-Spieler mit leichtem Hang zur Competitiveness.

- Klassische Tabletopper und Neulinge (asymmetrische Warbands, man kann “getabled” werden, kein Rubberband, Charaktere können besiegt werden)

- Lore-Fans (Marvel)

- Hobbyisten (Tolle Modelle und Terrain)


Für wen eignet es sich nicht?

- Für Gamer, die überhaupt nichts mit Marvel anfangen können. Denn ein großer Teil des Spaßes ist die Immersion: wie fühlt es sich an mit Thor einen ganzen Häuserblock zu verwüsten und eine Schneise der Zerstörung zurückzulassen? Wenn man kein Interesse daran hat, gehen einige Stärken des Spiels verloren.

 “What did it cost? Everything.... 

Neee... Ein Core Set kostet zwischen 100 und 120 Euro und bietet das komplette Spielerlebnis (Mehr als nur ein Starter): Viel Plastik, viele Karten. 10 toll designte Charaktere, Gelände (Autos, Bagger, Laternen, thematisch im Stile von Age of Ultron, etc.), Würfel, Messstäbe, Papp-Tokens, Karten und ein Regelwerk. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist fantastisch. vor allem im Vergleich mit anderen Spielen. Für mich ist "Die Mächtigsten der Erde" bisher das best Core Set, das ich in den Händen halten durfte. Ohne Übertreibung.

             Randvoll: der Inhalt des Core Sets

Besonders hervorzuheben ist die Detailverliebtheit des Produkts: auf den Messstäben sind Beams und Lazer, zerstörte Ultron-Dronen finden sich in der Tankstelle, bei der Spider-Man-Miniatur sieht man einen Symbionten. Das strotzt vor Liebe und wird jedem Nerd gefallen!

Taktikkarte oder auch
 wie ich auf MCP schaue


Fazit: Marvel Crisis Protocol ist ein großartiges Tabletop-Spiel mit sehr vielen Stärken. Da wäre zum einen die Miniaturenqualität: Die Modelle im Maßstab 40mm sind detailliert, dynamisch und in einem tollen Comic-Look gestaltet. Sie sind ein Highlight für Sammler, Bastler und Maler. Außerdem bietet MCP super spaßige Spielmechaniken. Die Zusammenstellung der Missionen aus den Krisenkarten bietet immer neue Abwechslung. Ein hoher Wiederspielwert ist garantiert. Das Aktionssystem und die  Charakterfähigkeiten bieten dazu ein spannendes Ressourcenmanagement-Element. Besonders gefällt mir dabei, dass man im Laufe des Spiels immer mehr Kraft erhält. Das gibt ein Gefühl der Progression und passt auch thematisch. Man stelle sich vor: der Superheld steckt immer mehr Schaden ein und kurz vor dem KO sammelt er all seine Kraft, um den Schurken mit einer mächtigen Superattacke doch noch zu besiegen. Sehr cineastisch! Unter den Tabletop-Games gibt es wenige die sich mehr wie ein Beat-Em-Up anfühlen. Häufig fühlte ich mich beim Spielen an Marvel vs Capcom bzw. X-Men vs Street Fighter erinnert. Apropos cineastisch: Jeder Charakter fühlt sich einzigartig an und spiegelt seine Comic-Vorlage sehr gut wider. MCP ist dadurch ein hochgradig immersives Spiel und Lore-Fans werden ihre helle Freude daran haben. 

Negative Aspekte gibt es eigentlich nicht sonderlich viele. Letztlich muss man aber schon sagen, dass durch die Würfellastigkeit einiges an Zufall und Glück in das Spielgeschehen kommt. Zumindest mehr als bei Shatterpoint, in welchem man das Zufallselement ein wenig stärker mitigieren kann. Das ist kein Malus per se aber hyperkompetitiven Spielern könnte das durchaus aufstoßen. Ein weiterer negativer Punkt ist die mangelnde deutsche Sprachunterstützung. Es gab lediglich ein kurzes Zeitfenster indem MCP auf deutsch erschienen ist. Man muss sich also hauptsächlich mit der englischen Sprachausgabe begnügen. Allerdings gibt es auf dem sehr zu empfehlenden Discord von SGP Protocol deutsche Übersetzungen.

Zusammengefasst ist Marvel Crisis Protocol ist ein atmosphärisch dichter Hero-Skirmisher mit überraschender taktischer Tiefe. MCP ist Easy to learn, hard to master und dürfte sowohl Casual-Spieler als auch kompetitive Spieler ansprechen. Prädikat: ein super Game, nicht nur für Fans des Marvel-Universums.

Bewertung: A+


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